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Im „Hotel zur Goldenen Lilie“ bereitet sich eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft darauf vor, ihre Reise zur Krönung Karls X. in Reims fortzusetzen. Im letzten Moment stellt sich jedoch heraus, dass keine Pferde mehr für die Fahrt aufzutreiben sind – die Gruppe sitzt fest.
Gioacchino Rossini und sein Librettist Luigi Balochi schaffen in der Oper IL VIAGGIO A REIMS durch diese Grundsituation der Unsicherheit und des Wartens einen Raum in dem sich die 14 weitestgehend gleichberechtigten Hauptrollen uneingeschränkt begegnen können, und sich ausgiebig mit originellen und virtuosen Arien präsentieren. Das Sujet der Oper entspricht dem Anlass für den sie beauftragt wurde: Im Rahmen der Krönungsfestlichkeiten Karls X. 1825 sollte der frisch in Paris angekommene Rossini, der zu dem Zeitpunkt schon internationale Popularität erreicht hatte, mit dem Werk den Abschluss und damit auch den Höhepunkt der Feier schaffen. IL VIAGGIO A REIMS war durch seine Handlung an das Ereignis der Krönung gebunden und darum aus Sicht Rossinis nicht für die Ewigkeit bestimmt. Er selbst bezeichnete das Werk zeitlebens als Kantate, und verwertete musikalisches Material daraus kurzerhand in einer seiner französischen Opern, LE COMTE ORY. In Folge dessen galt die Oper lange Zeit verschollen und wurde erst in den 1980er Jahren in Pesaro unter Claudio Abbado wieder aufgeführt. Zum Glück – denn trotz des Gelegenheitscharakters handelt es sich bei der letzten der italienischsprachigen Opern Rossinis um ein Juwel, in dem er sowohl die musikalische Virtuosität als auch den absurden Humor auf die Spitze treibt. Rossini schuf eine Art „Best of“ der italienischen Opera buffa.
Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die Figuren in IL VIAGGIO A REIMS zu werfen. Einige der Charaktere stammen zu großen Teilen aus dem beliebten Roman der Madame de Stäel, „Corinne ou l’Italie“. Gleichzeitig stellen sie aber auch das Europa des 19. Jahrhunderts dar, welches sich versammelt, um den französischen König zu huldigen, und werden als klare Repräsentanten klischeehaft gezeichnet.
Zur Inszenierung
Regisseur Jan Bosse unterstreicht in seiner Inszenierung die absurde Grundsituation des wartenden Europas in einem Bade-Hotel. Ein Spiegelraum, der zwischen Kurklinik, Sanatorium und Irrenhaus changiert, bildet den Ausgangspunkt für die Nicht-Reise der Protagonisten, die mit Hingabe ihre nationalen Eigenheiten pflegen, dabei einen atemberaubenden Wettstreit um die kühnsten Koloraturen austragen und sich letztlich entschließen, selbst eine Feier auf die Beine zu stellen.
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